pole
Daß manche Geräte durch einen Absturz gen Boden zwar kaputtgehen, aber dennoch besser werden, beweist der Wahlberliner Stefan Betke mit seinem Projekt Pole: Weite Räume bekommen Knackser, die von einem kaputten Waldorf-Filter stammen...
Im Mai 2000 erschien das dritte - diesmal komplett in Gelb gehaltene - Album mit dem charakteristischen Pole-Sound. Dazu tourte Pole kreuz und quer durch die USA und Europa. Und am 17.5.2000 machte er auch Station im Hamburger N+K Club (Kampnagel), wo wir den schönen Frühlingsabend mit seinem Liveset angenehm ausklingen lassen konnten.
Vor dem Auftritt hatten wir kurzfristig doch noch die Möglichkeit, mit ihm ein sehr interessantes und lustiges Gespräch zu führen, das trotz Minimalausstattung unsererseits wunderbar im Kasten ist. Auch Pole's Befürchtungen, wir würden ihm bei falschen Antworten eins mit unserem Riesenmikrofon überbraten, waren unbegründet.
Die Konzertaufnahmen, die an diesem Abend entstanden sind, werden zukünftig in einem Beitrag in Electrigger #5 zu sehen sein - bis dahin gibt's erst mal das komplette Interview:

Pole livePole livePole live

In dieser Woche kommt ja Dein neues Album "3" heraus - was ist denn da das Neue?
Pole: Ähm, keine Ahnung... Das müßtest ja eigentlich Du entscheiden, als Hörer! ;-)
Nee, also rein arbeitstechnisch gesehen, hat sich zum Roten nicht so unheimlich viel verändert. Die Grundidee, Räume zu schaffen, ist immer noch dieselbe. Also sehr viel mit Atmosphären zu arbeiten und weniger mit richtigen Songstrukturen oder Tracks oder funktionaler Tanzmusik oder so.
Die Grundidee ist eigentlich, sehr sehr ins Detail zu gehen und in die Soundstrukturen, die zwischen zwei Events - ich nenn das jetzt mal Events, also Chord 1, Chord 2 - passieren... Im Abstand von zwei Sekunden oder so, keine Ahnung.
Was passiert zwischen diesen beiden Akkorden, das ist im Prinzip das, was mich bei dem dritten Album jetzt fasziniert hat. Es ist etwas konstruierter als das Rote.

Also beim ersten Durchhören, da hatte ich den Eindruck, daß da auch diese Erscheinungen von irgendwelchen Sounds kürzer sind oder so. Daß da nicht so’n längerer Rhythmus oder Pattern oder so was entsteht.... Das ist der erste Unterschied, den ich beim ersten Durchhören festgestellt hab’.
Pole: Ja, das stimmt auch...

Die Sphären, die Du damit schaffst, entspringen die aus irgendwelchen Einflüssen, die Du musikalisch vorher hattest?
Pole: Na ja, ich meine alles entspringt ja aus irgendwelchen Einflüssen... Also man lebt ja in einer Geschichte, die permanent weiter geschrieben wird. Insofern lebe ich auch in einer musikalischen Tradition - da ist alles drin, vom ersten Tag an, was ich gehört hab eigentlich.
Ich hab jetzt nicht so unbedingt meine Helden oder Idole oder irgendwie so was, wo ich jetzt versuche hinterherzugehen. Das was ich da entwickelt hab’, hab’ ich über die letzten zehn Jahre in meinem kleinen Heimstudio so für mich hingebaut... Bis dann irgendwann diese Pole-Musik daraus entstanden ist.
Einflüsse hab ich aber natürlich - logisch, wie jeder, glaube ich, unter bestimmten Vorlieben leidet oder so...

Tja, leiden nicht unbedingt, aber...
Pole: Es kommt immer darauf an: Wenn man sie rational erklären kann und weiß, daß man sie hat und damit bewußt umgeht, ist es okay! Wenn man aber dem Fehler unterliegt, daß man nicht bemerkt, daß man eigentlich dieser Leidenschaft gerade blindlings folgt und eigentlich ‘ne Kopie von irgendwas anderem anfertigt, dann artet das in etwas aus, was man irgendwie nicht gut findet.

Na ja klar, man muß eher unabhängig sein.
Pole: Genau!

Seit wann machst Du Musik?
Pole: So mit 14, 15 habe ich angefangen. Also - glaube ich - auch wie nahezu jeder irgendwie in so ‘ner Schülerbandentwicklung und dann über Band spielen und dann seine eigenen Projekte entwickeln und viele Konzerte und so; und eigentlich fast kontinuierlich seit der damaligen Zeit.

Und wann hast Du begonnen, den Pole-Sound zu entwickeln? Gab ’s da ein bestimmtes Erlebnis, daß Du sagtest: "Och geil, ‘n kaputtes Gerät, das macht ja den und den Sound, das verwend’ ich jetzt mal oder... ?
Pole: Hmmmh... Diesen Punkt gab ’s auf jeden Fall!
Also an dieser Thematik, irgendwie mit Atmosphäre zu arbeiten und darauf Wert zu legen, mehr strukturell als melodisch zu denken, da bin ich schon seit Jahren dran. Und das, was mich aber immer am meiner Musik gestört hat, war irgendwie, daß da immer irgendwas drin war, was eben - na ja, wie soll ich das sagen - so’ n bißchen traditionell war. Nicht jetzt im Sinne von Chords oder so oder von den Ergebnissen anschließend. Sondern eigentlich auf dem Level: Da ist nicht ein Punkt drin, der wirklich ganz daneben ist.
Und dann fiel da dieser Filter runter vor ein paar Jahren - vor vier Jahren oder so. Und der macht halt diese Knackser. Und ich hab’ dann im Studio gesessen und per Zufall die Drumspur gemutet und der Knackser lief halt irgendwo im Hintergrund. Der ersetzte das so perfekt, dieses Drumgedudel, was man sonst so drin hat, daß ich mich dann einfach dazu entschlossen hab, auf das Schlagzeug komplett zu verzichten. Also das war im Prinzip so der Kick, der dann Pole endgültig dahin geführt hat, wo Pole jetzt ist.

Und wie kann ich mir das vorstellen? Ist das so, daß Du den Waldorf-Filter ansteuerst per MIDI oder...
Pole: Nee, der macht das so!

Also alles zufällig!
Pole: Alles zufällig! Der funktioniert ja nicht mehr - also das, was man eigentlich mit dem Ding machen könnte, kann er nicht mehr. Und der hat keine Klangerzeugung drin, also ich weiß auch nicht, wie der das jetzt... wahrscheinlich irgendwie elektrische Entladungen oder sonst irgendwas, keine Ahnung. Fakt ist einfach: Du steckst zwei Kabel rein in den Ausgang und schließt den ans Mischpult an und er macht diesen Rhythmus. Und wenn du den ausmachst und wieder anmachst, macht’s dann wieder ‘n neuen Rhythmus. Du kannst das nicht programmieren, nicht steuern... ich kann das Tempo beeinflussen und die Tonhöhe, aber mehr nicht.

Und baust Du dann einen Titel um diesen Rhythmus, der aus dem Filter herauskommt oder ist der Titel da und dann kommt zufällig dieser Rhythmus rein?
Pole: Das ist mal so, mal so... Also es hängt wirklich davon ab, wovon ich jetzt gerade am meisten inspiriert bin, oder was mich am meisten da mitnimmt. Manchmal ist der Beat von dem Ding so gut, daß ich sag "okay, da kann man jetzt mit arbeiten, da spielt man jetzt ‘n Baß zu und ‘n paar Chords oben drüber." Und manchmal ist es auch genau anders ‘rum, daß ich irgendwie mit Bässen anfange und dann erst ganz zum Schluß kommt er dazu.
Also auf der Gelben sind ja auch die Knackser nicht mehr ganz so laut, wie die auf der Blauen ganz am Anfang waren. Und das wird ja auch so ‘n bißchen weniger im Moment.
Da sieht man auch, daß der Filter nicht mehr so die 100%ige Bedeutung innerhalb der Musik hat. Das ist für mich nicht mehr so richtig der Schwerpunkt.

Gibt’s da auch noch andere Geräte, die so ‘ne fehlerhaften Sounds produzieren?
Pole: Ja, es gibt bestimmt noch andere, aber ich hab’ keine.

Also das ist dann wirklich das Einzige, was Du da in der Richtung einsetzt - also außer natürlich die Instrumente, die die "normalen" Sounds produzieren.
Pole: Ja, ich benutze halt sowieso alles so, wie es nicht im Handbuch steht, oder so. Ich mag das nicht, wenn man so nach Bedienungsanleitung seine Sounds sucht oder die Presets rauf und runter fährt - aber ich hab’ kein anderes kaputtes Gerät ;-)

Es hätte ja sein können, daß Du da so...
Pole: Wenn jemand eins hat... ;-)

... Sammler geworden bist, genau! So ‘ne Geschichte halt...
Pole: Leider nicht!

Heute spielst Du ja live - wie ist denn der Livesound? Ist er ähnlich zu den Alben oder ist das was vollkommen Unabhängiges?
Pole: Das ist schon relativ nah am Album orientiert. Ich bin nicht so richtig der Improvisationsmusiker, also jedenfalls nicht im Pole-Projekt. Dazu hat das zuviel mit Architektur und mit Strukturen zu tun und so...
Es ist insofern live, als daß ich sehr viel noch verändern kann. Also an den Sounds selber schrauben, ich kann was mehr nach vorne bringen, mehr laid back spielen oder so... Ich kann Strukturen ‘n bißchen umändern, in Arrangements eingreifen. Ich kann natürlich die Reihenfolge von Stücken komplett verändern und so. Aber ich orientiere mich immer an so ‘nem Basisfragment, was eigentlich aus der Platte heraus entstanden ist.

Also kannst Du ja natürlich auf’s Publikum reagieren und so dadurch...
Pole: Ja ja, reagieren kann ich schon.

Apropos Publikum: Du hast ja schon in den Staaten jetzt gespielt.
Pole: Mehrmals!

Und bist ‘n bißchen rumgekommen - wie ist da die Resonanz an verschiedenen Orten vom Publikum auf Deinen Sound?
Pole: Also in den USA ist das schon sehr offen und sehr angesehen, glaube ich. Also wenn man jetzt mal die Besucherzahlen so als Maßstab ansetzt, glaub ich, ist das in den USA und England schon so am akzeptiertesten von allen. In Deutschland wächst das jetzt erst so langsam ran. Also im Laufe der letzten sechs, sieben Monate ist das besser geworden - aber meine Favourites sind schon USA und England. Dort, glaube ich, ist die Akzeptanz sehr groß!

Gibt’s eigentlich ‘n Videoclip zu Deinen Titeln?
Pole: Nee, leider nicht!

Könntest Du Dir einen vorstellen? Und wenn ja, wie hätte er auszusehen?
Pole: Genau das ist das Problem: Ich kann mir zwar generell einen vorstellen, nur ich kann IHN mir nicht vorstellen im Moment.

Ach so...
Pole: Also ich bin aber auch jetzt nicht irgendwie... visuell irgendwie... Ich bin halt eher so ’n Audiomensch. Mein Problem ist eigentlich, daß ich nicht so richtig die Zeit hab, mich damit zu beschäftigen und so dranzubleiben.
Und gerade bei instrumenteller Musik, die dann auch noch so ‘n bißchen schräger ist, wie mein Zeug jetzt, hast du sowieso das Problem ‘n gutes Video zu machen. Und diese reinen Lichtspielereien oder Computeranimationen-Tricks usw., da stehe ich ehrlich gesagt nicht ganz so drauf. Aber es gibt da schon Überlegungen, mit Leuten mich zusammenzutun und Sachen zu entwickeln - aber das wird in diesem Jahr erst konkret. Also nach der jetzt im Moment laufenden Tour werde ich mich da dran setzen.

Das hört sich ja interessant an, wenn sich da was entwickeln würde...
Pole: Fände ich schön!

Die Plattenfirma PIAS hat ja im Januar so ‘n paar E-mails verschickt...
Pole: Hat sie? ;-)

Interview: PoleInterview: PoleInterview: PoleInterview: Pole

Da steht drin, daß das dritte Album Dein letztes Pole-Album bzw. der letzte Pole-Output so sein soll in der Form...
Pole: So steht das da nicht ganz drin. Also das ist so ‘n bißchen dieser Werbegag von Plattenfirmen, womit ich nicht so richtig einverstanden gewesen bin. Ich wußte das auch nicht, daß die das so formulieren. Also ich hab das erst im nachhinein gesehen. Ich muß mich auch so ’n bißchen davon distanzieren, weil die haben mit Absicht irgendwie so ‘n bißchen mit so ‘nem Legendenbildungsding ‘rumgespielt, was ich aber nicht wollte.
Was fertig ist, ist die Trilogie. Also Pole 1, 2 und 3 war von vornherein als Trilogie gedacht. Blau, Rot und Gelb sind die drei Grundfarben, von denen aus man ja alles weiter entwickeln kann, egal wie. Wenn man alles zu gleichen Anteilen mischt, ergibt das Schwarz. Und wenn man die Prozentzahlen der einzelnen Farben verändert, kann man halt jede existierende Farbe - also mit diesen drei Grundfarben jede existierende Farbe nachbilden. Das heißt, diese Trilogie ist zu Ende - das heißt nicht unbedingt, daß Pole zu Ende ist...

Ach so, alles klar!
Pole: ...deswegen wollte ich das noch mal klarstellen...

Hattest Du da auch schon vom Sound her so ‘n Konzept, was auf welches Album kommen wird?
Pole: Nee, das ist natürlich so ‘n Prozeß. Der Pole-Sound hat sich während des Machens auch noch mal komplett geändert. Also ich hatte zwar so die Grundidee - wie vorhin schon gesagt - an Atmosphären zu arbeiten und ‘n Soundgeflecht zu kreieren, was es so vielleicht so noch nicht gibt. Und ‘ne Platte herzustellen, die halt irgendwie so ‘n bißchen neben den üblich Hörgewohnheiten steht oder so. Das war schon so ‘n bißchen die Absicht - oder so ‘ne Unverkennbarkeit zu entwickeln. Aber ich wußte da noch nicht, wie das Gelbe dann wirklich klingt. Ich hatte bloß so ’ne ungefähre Richtung und wußte, an dem Thema will ich jetzt weiter arbeiten...
Aber Gott sei Dank, ändern sich Konzepte ja auch, oder entwickeln sich Konzepte weiter.

Ist es so ‘ne Art Biographie, die da teilweise festgehalten wurde? Also wenn ich mir die Titel angucke - auf ‘m blauen Album da gibt’s ja zum Beispiel "Berlin" - und Du bist ja dann irgendwie in der Phase nach Berlin umgezogen, wie ich gelesen hab’. Und dann wieder andere Stationen "Fahren" oder "Taxi" - so ‘ne Sachen. Das sind ja Begriffe aus dem alltäglichen Leben bzw. irgendwelche Orte, wo man da hinkommen kann. Sind das Erlebnisse von Dir, die Du dann umsetzt in den Titeln?
Pole: Nnnnnnicht so richtig. Das ist auch wieder so ‘ne Mischkalkulation. Eigentlich sind diese Titel - oder wie ich Titel vergebe - entstanden aus dieser Notwendigkeit heraus, daß man überhaupt Titel machen muß. Jetzt ist das bei nichtvokaler Musik eigentlich relativ schwer, wenn man damit keine Message vor sich herträgt oder so.
Trotzdem muß man aus Archivierungsgründen und aus Kommunikationsgründen irgendwelche Titel haben. Also hab ich mir irgendwie ‘n System überlegt, wie ich das machen könnte. Und jetzt ist jedes Stück da auch über meine Erlebnisse und so weiter beeinflußt. Insofern lag es dann nahe, sich einfach nachdem das Stück fertig ist, hinzusetzen und sich das Ding anzuhören und dann das erste Bild, was mir ins Gedächtnis kommt, irgendwie mit einem deutschem Begriff beschrieben, ergibt dann den Titel dieses Stücks. Also insofern stimmt das zum Teil, was du sagst.
Wenn ich da an "Taxi" denke, dann erinnere ich mich natürlich daran, daß ich da bestimmte Sachen in ‘nem Taxi in New York erlebt habe - und die Atmosphäre für mich ähnlich ist. Aber ich hab jetzt nicht, während ich dieses Stück "Taxi" geschrieben hab, an diese Atmosphäre gedacht, sondern ich fühlte mich im Nachhinein daran erinnert. Also es ist eher so ‘rum. Eher so ’n assoziatives Denken.

Aber das kommt irgendwie hin - also bei "Kirschenessen", da hatte ich auch stark dieses schmatzende Geräusch...
Pole: ;-)

Genial irgendwie! Da sagt das schon ganz viel aus, so in der Richtung.
Pole: Ja, genau darum geht’s.

Hast Du noch andere Projekte am Laufen? Das Label ~scape oder so...
Pole: Nja, ich hab halt ~scape. Das ist ‘ne Plattenfirma, die ich vor etwas über ‘nem Jahr gegründet hab, vor eineinhalb Jahren... Da widme ich mich ja eher so meinen Vorlieben von Musik von anderen Leuten. Da ist von Pole ja noch nichts erschienen.
Das ist mir mittlerweile auch sehr ans Herz gewachsen. Also so ‘ne Plattform zu haben für andere elektronische Spielformen des Dub eigentlich. Also das ist so das, was ich mir so ‘n bißchen auf mein Ding geschrieben hab, womit ich gerne umgehen will.
Und ansonsten musikalische Projekte hab ich eigentlich nicht so viel im Moment... Ich arbeite an so ‘n paar Sachen im Studio, aber das ist alles noch nicht spruchreif. Also das wächst erst.

Machst Du auch so Produzententätigkeit...
Pole: Ab und zu... ab und an mal. Also für Leute, wo es mich reizt, ja.
Ich mach das jetzt nicht irgendwie aus finanziellen Gründen. Ich bin jetzt nicht der Produzent, den man mieten kann oder kaufen kann oder irgendwie so was. Das muß dann schon aus so ‘nem bestimmten Kontext heraus entstehen. Das mach ich schon...

So ‘n Projekt, das Du unterstützen möchtest, so in der Richtung?
Pole: Naja, nicht unbedingt unterstützen - das muß noch nicht mal sein. Das muß eigentlich erst mal irgendwie persönlich mit den Leuten irgendwie aus einer Sache herauskommen. Also wenn jemand zu mir kommt und sagt "Willst Du das produzieren?", dann erwartet der ja ‘n bißchen was. Und das muß sich mit dem decken - also seine Erwartung muß sich mit dem decken, was ich denke, was ich ihm geben könnte. Dann mach ich das. Ich muß die Musik noch nicht mal gut finden.
Da versuch ich mir so ‘ne Offenheit einfach zu bewahren, auch mit verschiedenen Musikstilen umzugehen. Und viele verschiedene Sachen dann auch nach Möglichkeit noch mit einfließen zu lassen, muß also nicht nur Elektronik sein.

In diesem Jahr gab’s ja irgendwie so ’n Ding mit FatCat-Records, was ich da gelesen hab. Da sollte ja irgendwie ‘ne Platte erscheinen, die wohl vermeintlich von Dir gewesen war oder so. Und die wurde im letzten Moment noch mal zurückgezogen oder eingestampft.
Hast Du mit dem Label irgendwie ‘ne Zusammenarbeit oder ist das vollkommen aus der Luft gegriffen gewesen, daß da wirklich da jemand anderes unter Deinem Namen was hingeschickt hat?

Pole: Nee! Also wir, FatCat und ich haben ‘ne Zusammenarbeit insofern, als ich ‘n Remix für FatCat gemacht hab und im Zuge dieser Remixarbeit auch zu dieser Split-12-inch mit James Plotkin zugestimmt habe damals. Und das war aber zu ‘ner Zeit, wo ich wirklich überhaupt nicht in der Lage war, zu produzieren, weil ich halt nur auf Tour war, die ganze Zeit. Und das hätte sich halt sehr lange hingezogen bis dann irgendwie von mir da mal was gekommen wäre. Und in der Zwischenzeit hat dann irgend jemand anderes unter meinem Namen da was hingeschickt oder wie auch immer. Das sind ja alles Sachen, die sind bis heute nicht geklärt irgendwie: Wie das überhaupt da angekommen ist, von wem und so weiter.
Und die haben halt in dem festen Glauben, das sei von mir, diese Platte hergestellt. Was natürlich auch an sich erst mal sehr komisch ist, weil ‘n Label, was ‘n Stück geschickt kriegt, redet ja eigentlich mit dem Künstler erst mal darüber: Wie soll das klingen, wie soll das gemastert werden. Und man schickt dem Künstler eigentlich auch ‘n White-Label und so weiter. Und nicht irgendwie auf ‘ne andere Art.
Das lief alles auf ‘ne sehr unschöne Art zum Schluß. Das Ende vom Lied ist halt, daß mit all diesen Gerüchten, die da drum herum entstanden sind und mit gegenseitigen Beschuldigungen - da sind ja dann auf einmal auch dann noch andere Künstler mit reingezogen worden, weil irgend jemand hat gesagt, es könnte ja vielleicht der gewesen sein, weil der hat halt so ‘n Anarchogedanken oder wie auch immer - hat das zu sehr viel Zwietracht geführt. Und zu ‘ner vorläufigen Kompletteinstellung der Zusammenarbeit - also wir machen im Moment eigentlich eher nichts. Was ich schade finde, daß so ‘n blöder Jungenstreich dann letztendlich dazu führt...

Ja klar, ist halt blöd, daß man das nicht nachvollziehen kann - ist halt ungeklärt :-(
Wohin, denkst Du, wird sich die Musik entwickeln - also es gibt ja in letzter Zeit immer mehr Acts so in Richtung Mouse On Mars, Funkstörung, Kid606 - diese digitalen Sounds... Meinst Du, daß das die Zukunft ist, daß das immer weiter Aufwind bekommt oder sich ausbreiten wird in der Richtung?

Pole: Naja, also... Dadurch, daß halt digitale Medien oder digitale Soundherstellungsgeräte immer kleiner, handlicher und immer computerisierter werden und damit extrem viele Sachen möglich sind, die mit analogem Equipment erst mal so nicht zu machen sind, ist es auf jeden Fall eine weitere Entwicklung. Ob das jetzt die Musik für die Zukunft ist, das sei jetzt erst mal dahingestellt - weiß ich nicht und das wär’ auch wirklich ‘n bißchen anmaßend, über so ‘ne in die Zukunftschaugeschichte zu reden. Nur ich glaube auf jeden Fall, daß der Einfluß von Computern innerhalb der Musik nicht mehr wegzudenken ist.
Und - ich mein’, ich bin jetzt kein Vertreter von rein analogem Sound oder so. Ich spiel live auch dieses Jahr zum ersten Mal mit ausschließlich digitalen Geräten irgendwie und ich arbeite im Studio auch extrem viel mit Computern. Wenn jetzt nicht unbedingt bei Pole, aber generell schon. Ich finde jede Neuerung technologischer Art wichtig und spannend, weil sie auch immer neue Plattformen lostritt. Es erfordert einfach ein anderes Denken, wenn man damit vernünftig arbeiten will. Und so ‘ne Offenheit zu provozieren, finde ich ganz gut. Insofern hoffe ich, daß sich da irgendwas daraus entwickelt.
Wobei Funkstörung ja jetzt nicht unbedingt Vertreter für digitale Musik sind - die sind ja schon seit Jahren dabei und da gibt’s wirklich Vertreter, die weitaus prägnanter mit digitaler Musik umgehen. Siehe Kit Clayton auf ~scape zum Beispiel - also der macht ja Musik nur aus dem Laptop heraus! Also ich mein’, das ist ‘n bißchen radikaler, was die Sache anbetrifft. Oder Monolake zum Beispiel aus Berlin sind auch elektronischer Natur mit Sicherheit radikaler als Funkstörung je gewesen ist.

Ja, ich meinte auch hauptsächlich diesen Sound, daß da so Cut’n’Paste-Technologie sozusagen immer mehr verwendet wird. Das zeichnet sich ja immer mehr ab, irgendwie...
Pole: Ja ja klar! Das ist schon ‘ne extrem interessante Geschichte, find’ ich. Sollte man offen ‘für sein!
Man sollte sowieso generell jeder Entwicklung gegenüber offen sein und nicht irgendwie so Technikfetischismus, wenn man so sammlermäßig daherkommt - find’ ich so ’n bißchen merkwürdig. Das find’ ich nicht so gut!

Ja, das wär’s, ich dank Dir...


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