mouse on mars
Sollte bei der Suche nach extraterrestrischer Intelligenz doch Leben auf dem Mars gefunden werden, würden sich wohl viele Leute solche musikmachenden Mauswesen wie Jan Werner und Andi Thoma als Entdeckung wünschen. Glücklicherweise gibt es die beiden schon jetzt als Vorboten, um uns zu zeigen, welche Innovation in der Zerlegung steckt. Dabei schaffen sie es, Liebhaber unterschiedlichster Musikrichtungen zu begeistern - und dies nicht nur auf Tonträgern, denn die durch den MoM-eigenen Humor sehr unterhaltsamen Liveauftritte sind auch immer gut besucht.
Für electriggertv#4 haben wir am MarsMausMarathon teilgenommen, dessen Startetappe ein spannendes 50minütiges Interview am 5.7.'99 war, um mit dem mitreißenden Konzert am 17.10.'99 in Berlin das Ziel zu erreichen.
Doch zunächst MarsMausMarathon - Etappe I:

Interview: Andi und JanMouse On Mars live

Sind die Promotion-Termine für Euch was lästiges - mal abgesehen vom Wetter heute?
Jan: Müssen wir die Fragen wiederholen? Oder bleibst du drauf im Ton?

Ähm, also - gute Frage, das hat mich noch niemand gefragt! Also wir versuchen es meistens so hinzukriegen, daß ich nicht mit drauf bin - ich bin ja auch nicht auf dem Bild drauf! Aber Ihr müßt die Fragen nicht unbedingt wiederholen.
Jan: Naja, so einbauen halt.

Wenn Ihr einfach so mit einem Satz anfangt.
Jan: Interviewtermine sind für uns, äh...
Andi: Und dann so ‘n Gegenschnitt, den ihr schon gefilmt habt, wo du dann halt schon nickst immer so.

Jan: Ja. Und wenn ich zu lange laber, dann so die Hand vom Andi, wie sie auf dem Tisch ungeduldig trommelt.

Andi: Ja genau. ;-)
Jan: Das machen wir dann gleich, ne?!
Andi: Nee, das ist schon okay. Also es ist teilweise echt anstrengend, aber - ich mein mit dem Wetter, da können die ja nichts für. Und das ist ja ganz gut, daß es jetzt so Gewitter geben könnte. Macht ja ein bißchen frei und so. Ja man lernt so was über sich und über seine Kondition, nee Konstitution - wie sagt man?

Jan: Überhaupt, beides so.
Andi: Wie lang man durchhält.

Ihr meint, daß Ihr am Freitag dann auch so fit seid wie heute?
Jan: Freitag ist München, ne?
Andi: Ja, das kann man nicht sagen. Manchmal ist der erste Tag der schlimmste. Weil dann muß man sich erst mal dran gewöhnen und dann wird’s dann halt von Tag zu Tag besser.

Jan: Aber das ist alles nicht so schlimm. Das ist ja auch ‘ne willkommene Abwechslung. Man beschäftigt sich im Prinzip zwar auch nur mit seiner Musik, aber ist halt nicht in seinem gewohnten Umfeld mit seinen normalen Ritualen und seiner frühnachmittäglichen Erschlaffung, die dann durch ausgiebigen Kaffeekonsum wieder ausgeglichen werden muß, und ist einfach in so einer ganz anderen Dynamik halt. Das ist doch auch ganz gut.

Andi: Ja, und manchmal haben die auch schon so was analysiert und können uns was erklären. Was der Name z.B. bedeutet.

Ja, das habe ich nicht analysiert. Das müßt Ihr mir nachher noch beantworten!
Andi: Och schade!

Aber könnt Ihr mir etwas über Eure musikalische Sozialisation erzählen, mit was Ihr aufgewachsen seid, was Ihr gut gefunden habt?
Jan: Also, Bots.
Andi: Bots und Rübel, das Klavierduo. Da hatten wir beide alle Alben. Und ähm...
Jan: Die Lyserg-Musikanten fand ich auch immer sehr schön. So ‘n Orchester aus Lyserg!
Andi: Sven Fetz.
Jan: Ja, Domino. Auf Domino, wo wir jetzt auch bald unsere Platte rausbringen - ein englisches Label.

Andi: Also so Rockabilly, aber schon irgendwie gut durchdacht auch ein bißchen, mit klassischen Elementen und...

Jan: Aber auch mit so leichten Ted-Anleihen.
Andi: Ja, ab und zu kommen dann so...

Aber das hat Eure Musik ja nicht so stark beeinflußt oder?
Jan: Das kann man nie wissen. Also man kann ja nicht unmittelbar die Einflüsse immer zurückführen auf direkte Ergebnisse. Also manchmal kommen ja Sachen um die Ecke wieder oder so.
Frühkindliche Erlebnisse weiß ich nicht: Udo Lindenberg z.B. als der auf der Geburtstagsfeier von meinem Vater gespielt hat, wußte ich ja in dem Sinne jetzt nicht, wer der ist. Aber das hat mich natürlich beeinflußt! Denn durch die Liebe zu meinen Eltern habe ich natürlich dann so eine Aufmerksamkeit da entwickelt, die die Erlebnisse direkt auf mein Innerstes, also auf mein substanzielles Ich sozusagen haben einwirken lassen.
Und so was äußert sich ja in anderen Situationen ganz unmittelbar und blitzschnell, ohne daß man dem gewahr wird und es verhindern kann. Oder z.B. die Beerdigung auch von unserem Rauhhaardackel, also da hat so ‘n Orchester gespielt aus dem Dorf eben. Das hat mich auch sehr beeinflußt, weil ich da auch psychisch sehr labil war in der Situation. Und dann andere kleinliche Ereignisse, z.B. ...

Andi: Wie hat denn das geklungen als der gestorben ist? :-(
Jan: Ja, der ist explodiert... :-(
Andi: Das ist ja echt hart!
Jan: Das war so ‘n ziemlich dumpfer Schlag eigentlich. Der ist halt explodiert und ist dann vom Baum gefallen. Und dann gab es so ‘n flachen Knall eigentlich, so ’n ebenartigen Ton.

Andi: Als mein Kanarienvogel gestorben ist, hat’s irgendwie nur so ’n Quietschen gegeben. Ich hab in der Küche gesessen und der hat dann noch so gepfiffen. Und dann ist der halt so nach unten gekippt. Der hatte ‘ne Gummistange, weil der war auch nicht mehr so fit. Da haben wir ihm ‘ne Gummistange gekauft. Das hat dann so gequietscht und dann hing der mit dem Kopf noch nach unten.

Jan: Da hat er sich noch festgehalten?
Andi: Ja, er hat sich noch festgehalten.
Jan: Das ist Altersstarrsinn!
Andi: Der hat sich gedacht, ich fall hier nicht runter! Ich bleib hier drauf auf dieser Scheiß Gummistange.

Wißt Ihr eigentlich noch, wie die Frage überhaupt lautete?
Jan: Ja also das ist die nächste Frage! Die vorhergehende Frage lautete: Wie war eure musikalische Sozialisation?

Das ist gut, ja! Seid Ihr dann Autodidakten oder habt Ihr Euch schon vorher professionell mit Musik beschäftigt? Wurdet Ihr gezwungen zum Erlernen irgendwelcher Instrumente?
Jan: Also ich hab meinen kleinen Bruder mal zum Klavierspielen gezwungen.

Und das hat dann auf Dich abgefärbt?
Jan: Ja! Ich stand ja daneben. Ich hab ja alles auch im Prinzip mit verfolgt, was ihm da widerfahren ist. Aus so einer beobachtenden Situation heraus habe ich eigentlich immer alles erlernt.
Auch in der Schule z.B. habe ich immer zugeguckt, wie andere lernen oder so. Und hab darüber halt selbst gelernt. Aber natürlich andere Sachen, klar. Aber immerhin ist das auch schon mal was wert gewesen.

Gab es irgendwann mal so eine Initialzündung für Euch, daß Ihr gesagt habt, jetzt machen wir zusammen Musik; irgendein Schlüsselerlebnis?
Andi: Nee, das haben wir gar nicht gemerkt. Das ging alles so... Wie wir uns kennengelernt haben: Wir haben uns getroffen.

Jan: Zufälliges Treffen über Bekannte...
Andi: Das war auf so einer Art Prunk-Jugend-forscht-Sitzung, so ‘ne Mischung. Und da sind wir halt bekannt gemacht worden von jemand, der da irgendwie so die Leute bekannt gemacht hat. Z. B. hat der auch Elvis Presley damals bekannt gemacht.

Jan: Ja, das war so ein Imitator, der einfach eben Leute immer nachgemacht hat. Und der wiederum kannte halt auch einen Bekannten von mir, mit dem ich damals im Urlaub war. Da bin ich campen gefahren, irgendwie in die Malediven. Und da wiederum hat der in einer Bar so eine Pernod-Party geschmissen. Da bin ich aber nicht hingegangen, weil ich das abgelehnt hab zu der Zeit.
Und hab da eben auf der Suche so eine Entwicklung durchgemacht, wo ich mich selbst gefunden hab. Ich hab mich dann auch ausgepackt, ganz hingelegt, offenbart sozusagen. Und war dann auf der Rückfahrt durch eine geschulte Aufmerksamkeit, mir selbst aber auch meiner Umwelt gegenüber, eigentlich in der Lage überhaupt erst den Andi zu erkennen. Als ihn, als Gegenüber! Und daraus hat sich so ’n Gespräch entwickelt und dann haben wir uns auch irgendwie mal so getroffen zum Kaffeetrinken und über so Geräte bla, Fachsimpeleien halt.

Andi: Das hast du mir nie erzählt! Ich dachte, du bist einfach nur nach Köln gefahren und dann wiedergekommen.

Jan: Nee, nee!
Andi: Man lernt halt immer was dazu bei so...
Jan: Nee, das war eine richtig bewußte Entwicklung eigentlich, so ‘ne nachvollziehbare Veränderung auch.

Andi: Ich find gut, daß ihr so ‘ne Kamera habt, die steht.
Jan: Das ist nicht so wacklig, so MTV-mäßig oder was.
Andi: Ja, einmal bin ich mit ‘ner Kamera zusammengestoßen. Das war halt auch so eine Riesenkamera und ich hatte auch so eine Riesenbrille auf. Seitdem passe ich auch immer auf. Ich hätte die eigentlich gut heut’ tragen können. Naja, ist egal.
Ich hatte dich unterbrochen, Entschuldigung.

Jan: Das macht nichts.
Andi: Wie war die Frage noch mal?

Ist egal, wir machen jetzt einfach die nächste.
Jan: Ja und dann ging das halt irgendwann los, das war eigentlich so ‘n übergangsloser Übergang.

Und wie überbrückt Ihr heute Eure räumliche Distanz, wenn der eine in Köln wohnt und der andere in Düsseldorf?
Jan: Ja, mit’m Auto.
Andi: Wir haben beide den Führerschein gemacht.

Und wie funktioniert das rein musikalisch?
Andi: Mit der Distanz?
Jan: Ist sehr wichtig in der Musik, Distanz.
Andi: Das muß dann nicht eine Distanz sein, die wir gegenseitig haben. Sondern viel wichtiger ist eine Distanz zur Musik ab und zu, weil man so tief reintaucht in die Musik, daß man auch mal wieder gucken muß. Also Distanz ist schon wichtig, sofern sie im Kopf abläuft. Distanz räumlich ist halt manchmal blöd, weil viel Rohstoff verbraucht wird, Benzin und Nerven.

Wie läuft das dann ab, wenn Ihr ein Album oder Songs aufnehmt?
Jan: Also wir hängen so im Studio rum im Prinzip - und sammeln Töne.
Andi: Ja in gewisser Weise.
Jan: Wir hängen so rum im Studio und uns ist halt einfach total langweilig. Und dann fängt man mit irgendwas an, was einen richtig anstachelt, einen total Andrenalinschübe in die Venen schießt, und man es irgendwann nicht mehr aushält und einfach wie so ein Wahnsinniger weiterarbeiten muß. Und dann wartet man bis der Zustand vorübergeht und dann wählt man ganz sachlich so aus, was man in der Zeit des Wartens gemacht hat und...

Andi: Das ist auch irgendwie schwer zu sagen. Das ist ja nicht so, daß wir da wie auf der Arbeit Stechuhren und dann gehen wir ins Studio und dann wird an den jeweiligen Geräten gearbeitet. Ist halt auch immer verschieden: Manchmal arbeitet man ja auch an der Musik, ohne ein Gerät anzupacken. Und manchmal sehe ich plötzlich den Jan wieder, wie er an irgend einem Gerät rüttelt, an einem Kabel, und dann irgendwie so ‘n Sound rausschüttelt aus dem Gerät. Eigentlich ist man ein bißchen wie in einem Labor und guckt so ‘n bißchen wie alles so wächst. Oder wie in so einem Gewächshaus, wenn man das jetzt romantisch ausdrückt.

Wo ist Euer Labor, in Köln oder in Düsseldorf?
Andi: Ja!
Jan: Ja, in Köln oder in Düsseldorf!
Andi: Also in Düsseldorf haben wir das Großlabor. Aber im Grunde kann man das ja auch überall aufbauen.

Jan: In Köln gibt’s auch noch ein kleines Labor. Oder? ;-)
Andi: Ja.

Wie seht Ihr die Musikszene in Deutschland? Also mir kommt es manchmal so vor, als ob es auf der einen Seite im Bereich Elektronik sehr anspruchsvolle Sachen gibt und auf der anderen Seite rein kommerziell orientierte.
Jan: So wie uns halt! Aber mein Gott, das geht halt nun mal um Geld. Willst du uns da ein Strick draus drehen, oder so. Das ist einfach wichtig. Ohne Geld - Geld regiert die Welt - und da geht eben nichts. Und wenn du Autos fahren willst oder Frauen - also du brauchst Geld. Das ist halt so im Leben. Und deswegen versuchen wir, da Nummern rauszuhauen. Es ist halt so, was soll ich da jetzt sagen. Es gibt ja diesen Eurodisco...

Andi: Ja, es ist schwierig mit dieser Elektronikszene im Grunde - ich meine Elektronikszene sind halt die, die offensichtlich elektronische Musik machen und dann ist aber im Grunde alles elektronisch. Und eigentlich...

Jan: Es ist wahnsinnig schwer, solche Unterscheidungen zu machen. Es gibt einfach vernünftige Produkte...

Andi: Ich glaub das Einzige, was alle verbindet ist, daß wenn man den Strom abschalten würde, daß die alle Generatoren benutzen müßten.

Jan: Ja, mal Fahrrad fahren für die eigene Kunst.

Das macht dann einer von Euch?
Jan: Einen Dynamo betreiben. Ja, beide eigentlich. Wir benutzen beide Fahrräder.
Andi: Manchmal gleichzeitig, manchmal abwechselnd. Je nach dem wer Brötchen holen muß oder so. Wir haben auch so kleine Fahrräder jetzt. Wenn wir auf Tour sind, nehmen wir die mit. Die haben wir im Bus, das sind so Klappfahrräder, die gibt’s in Japan.

Jan: Clubfahrräder.
Andi: Die kann man so auseinanderclubben und dann kann man mit rumfahren, Brötchen holen oder so, je nachdem.

Jan: Oder auch einfach mal abhauen. Einfach mal nur in Richtung Sonne fahren.
Andi: Einfach mal Fünfe gerade sein lassen, einfach die Beine baumeln lassen.
Jan: Ja, einfach die Zwänge hinter sich lassen, einfach in Richtung Sonne fahren. Oder auch einfach nur mal voll reintreten, wenn man halt sauer ist oder so. Und das ist schon ganz gut mit so einem Clubrad. Also dafür ist ja auch die Clubszene da.

Mit dem Clubrad zu fahren?
Jan: Ja, einfach so sich mit anderen Clubrädern auszutauschen, so Reparaturtips z.B. und so. Oder sich mal einfach nur zu ölen; einen reinzuölen zum Beispiel. Ne, ist doch schon so?

Andi: Ja, aber ich meine, die übertreiben es auch: Ab und zu klappen die dann einfach zusammen und - es ist schrecklich.

Jan: Ja, das ist auch schon passiert, auf jeden Fall. Oder das einer halt einfach umkippt z.B., einfach. Oder - weiß ich nicht - du versuchst das Lager zu wechseln, bleibst hängen. Gab’s auch schon. Und bist halt irgendwie festgefahren und dann nützt alles nichts. Und auch das Geld nützt nichts mehr. Und dann muß man sich eben neu orientieren - unter Umständen halt auch mal mit der Bahn fahren, oder sich auch mal ein Stück mitnehmen lassen oder mal gehen.

Wie ging das denn eigentlich mit all den Tracks von Eurem nächsten Album...
Andi: Sehr gut!

Das holpert ja manchmal ganz schön, habe ich den Eindruck.
Jan: Unser nächstes Album das kennen wir ja noch gar nicht.

Na ich meine das Album, was jetzt kommt.
Jan: Das aktuelle jetzt.
Andi: Holpert? Wie meinst Du das?

Naja, also ich hab manchmal das Gefühl, das ist ein bißchen vom Rhythmus abstrakter als Eure alten Sachen.
Jan: Ja?

Also ein bißchen zerstückelter, überraschender!
Andi: Ja?

Wenn man ’s das erste Mal durchhört.
Andi: Och Gott, da haben wir uns so ‘ne Mühe gegeben!

Nein ich meine, ich stell ‘s ja nur fest, das ist ja keine Wertung! Kann ja auch schön sein solche Musik. Ich meine, es gibt ja auch andere Leute, die solche Musik machen, die einen Sommerhit schreiben.
Jan: Ja, der Bruch ist ja die Kunst - oder naja, jetzt nicht die Kunst, aber ist halt das, was uns anzieht - also was wir auf jeden Fall meistern wollen. Also was uns interessiert, oder reizt oder so. Also das Fortlaufende oder das Beständige ist ja auch relativ einfach zu erzeugen. Gerade mit elektronischen Klangerzeugern oder eben mit maschinellen Möglichkeiten kann man ja ganz schnell irgendwas machen, was läuft. Und für uns ist der Reiz eigentlich, das wieder auseinanderzunehmen und auch der Reiz dabei, irgendwie nicht zu scheitern. Also alles so auseinandergenommen zu haben, daß man ‘s halt nicht mehr zusammenbauen kann.
Also wir haben da ja auch unsere Erfahrungen gemacht, seit der frühen Kindheit eben: Also daß halt irgendeinem irgendwas zu langweilig ist oder man hatte das lang genug angeguckt - dann macht man ‘s eben auf und dann nimmt man ’s halt auseinander und dann kriegt man ‘s halt vielleicht nicht mehr zusammen. Und da sind wir eigentlich jetzt mittlerweile schon ‘n bißchen besser geworden. Also was zumindest unsere Musik angeht und so.
Und darüber hinaus gibt ‘s dann halt eben noch die Möglichkeit das dann vielleicht sogar wieder anders zusammenzubauen. Oder sogar andere, neue Teile zu integrieren oder andere Teile wegzulassen. Vielleicht sogar neue Funktionen zu entdecken - oder eben neue Möglichkeiten.

Andi: Und dann freut man sich heuer. Dann ist das nicht so: Äh, du hast mein Sandhaus auseinandergemacht. Da sagt man sich: Ach, du hast ja was Neues gebaut.

Jan: Das ist auf jeden Fall ‘ne Steigerung. Also ich möchte in dem Sinn auch jetzt nicht mehr jung sein und ständig Streß haben.

Andi: Das ist halt das, was man dann im Alter auch wieder erkennt. Nicht immer nur machen machen, sondern man kennt dann halt auch Yin und Yang, Plus und Minus, Gut und Böse - halt die ganzen Gegen...

Jan: ...stände.
Andi: ...sätze. Gegenden!

Woran messt Ihr denn ein gutes Musikstück von Euch? Wann ist ein Song so gut, daß Ihr sagt: Okay, den lassen wir jetzt so?
Jan: Ein gutes Stück ist eine ordentliche Baßlinie, ein guter Rhythmus, klare Hookline, gute Bridge und eine Steigerung zum Ende hin, Ekstasepunkt.

Andi: Break! Snarewirbel, immer schneller werdend.
Jan: Mit leichten Brüchen, Variationsmöglichkeiten, leichten Veränderungen während dem Schnellerwerden. Vielleicht noch irgendwo kurz vorbeigeguckt, ein Eis gegessen oder so. Und dann langsam wieder rübergleiten, vielleicht auch Eis schon vergessen haben, was anderes mitgebracht haben und dann übergegangen sein. Die Bläser sind auch schon eingetroffen im Studio und ja, dann schaltet man halt den Computer an, guckt was man softwaremäßig noch so machen kann und schon ist man mittendrin im Stück. Naja, und irgendwie so ‘n gutes Stück darf eben auch nicht so linear sein.

Andi: Man muß es halt entlassen können auf die Platte, also ins Leben, in die Realität und sich irgendwie doch sicher sein, daß es seinen Weg macht.

Wer ist auf den Albumtitel gekommen?
Jan: Das ist so ‘ne Kombination aus Ereignissen, die dann dahin geführt haben.
Andi: Ja, ‘n paar Telefonate und dann war der Titel klar.

Hat da jemand gesagt: Nein, der Titel ist zu kompliziert?
Andi: Ja!

Wer denn?
Andi: Namen können wir leider nicht nennen. ;-)
Jan: Steffi? Hat Steffi das gesagt?

Was steckt da für ‘ne Bedeutung dahinter?
Andi: Wir müssen jetzt ganz schnell das Temp, äh, Thema wechseln.
Jan: Ein frisches Thema bitte! Wir brauchen auf jeden Fall mehr Power! Aber das ist ganz - gehört jetzt gar nicht hier her.

Andi: Ach da ist ‘ne Klemme. [am Mikromikrofon von Jan]
Jan: Ja!
Andi: Das hab ich gar nicht!
Jan: Nee?
Andi: Hier! [zeigt sein Mikromikrofon]
Jan: Du hast ‘ne Nadel!
Andi: Ach das ist ‘ne Nadel, alles klar, Entschuldigung. Ich mach das mal richtig...

Jan: Also wichtig ist eigentlich...
Andi: Wie findest du denn den Namen so?

Gewöhnungsbedürftig, aber ich frage mich, was da für ‘ne Bedeutung dahintersteckt!
Jan: Also im Prinzip muß es immer die Möglichkeit zur Revolution geben. In jedem Moment muß es eskalieren können. Und wenn die Möglichkeit nicht gegeben ist, ist das eigentlich alles für die Katz und die ganze Anstrengung hat sich nicht gelohnt. Und eigentlich muß alles konstant immer die ganze Zeit zusammenbrechen können. Dann hat das irgendwie Sinn, dann macht das alles irgendwie Sinn. Der totale Verlust ist eigentlich das wahre Ziel unserer Arbeit. Und wenn man dann am Ende mit Nichts dasteht, dann kann man eigentlich erst wirklich lachen.

Andi: Ja, der Weg ist das Ziel!
Jan: Das Ziel ist weg, würde ich sagen für meine Variante.
Andi: Das Ziel ist Weg!

Also wißt Ihr auch nicht, wie Ihr Euch musikalisch jetzt noch steigern könntet?
Jan: Wir können uns nur immer noch weiter, tiefer hineinbegeben. Aber eine Steigerung in dem Sinn ist gar nicht angestrebt.

Andi: Ja, ‘ne Steigerung in so einem Implosionskonzept. Implosion ins kleinste mögliche Partikelchen, wo man halt so als Mensch mit seinem Geist hingelangen kann, im Sinne von Homöopathie oder so. So im Kleinen die Größe entdecken.

Jan: Ja, immer kleiner werden.
Andi: Raum schaffen im kleinsten möglichen Raum.
Jan: Immer weniger brauchen, immer weniger - nur Wasser trinken oder vielleicht irgendwann auch nur noch Wasser riechen, schmecken, äh atmen meine ich, oder so. Irgendwas, keine Ahnung. Also Käse ist es aber auch nicht wirklich, also Käse ist Käse.

Andi: Also ich fand ‘s ja schon ziemlich Käse.
Jan: Ja?

Was treibt Ihr denn so live? Da seid Ihr ja anders als...
Jan: Ja, da haben wir halt ‘n Schlagzeuger dabei, bzw. diverse Geräte und es gibt so ‘ne Zweiervariante: Eben Andi und ich an so ‘nem Tisch mit Zeug. Oder eben diese Dreiervariante mit Schlagzeuger, der dann so ‘ne Art Rückgrat bildet, uns auch etwas diszipliniert und uns auch an die Struktur der Stücke erinnert, die wir ja dann immer wieder spielen sollen.
Und der Unterschied zur Platte ist diese Zeitlinigkeit, die auf Platte eher gebrochen ist, weil man halt immer wieder zurückkehren kann. Beziehungsweise durch das Weiterarbeiten vielleicht auch sogar wieder bestimmte Punkte erreicht, die man sich dann nochmals anders angucken kann. Eher so ‘ne Parallelhaftigkeit. Und live ist das eher unmittelbar, also der Moment ist eben alles! Und man spielt aber auch für Menschen oder Leute, die halt da sind, also mit denen zusammen. Der Dialog ist dann nicht das Studio, sondern und die Situation ist sehr momentenabhängig. Und man kann auch nichts zurückholen. Man kann nur weitermachen oder vielleicht Richtungen ändern. Was auch manchmal schwer ist, weil die ganze Bewegung mal schwerfällig ist. Manchmal geht’s auch sehr schnell. Dinge ändern sich in kurzer Zeit, aber immer nacheinander. Obwohl auch Dinge gleichzeitig passieren, weil wir immerhin drei sind, aber im Studio ist ‘ne ganz andere Gleichzeitigkeit gegeben.

Habt Ihr denn schon mal die Interaktion vermißt mit dem Publikum?
Jan: Im Studio?

Nee, auf der Bühne. Das es schon mal gab, daß...
Jan: Nö, die definieren wir uns dann einfach zurecht! Wenn’s dann irgendwie keine eindeutigen euphorischen Reaktionen gibt, dann interpretieren wir das so: Die sind halt so.

Andi: Ja, man muß dann selbst... Das ist dann die ungünstigste Situation. Aber das gab’s glaub ich schon. Also das ist nicht so schlimm, aber...

Jan: Wir führen das dann immer auf regionale Eigenschaften einfach zurück, so ganz arrogant: Ja, mein Gott die Kölner die sind halt so, das hätten wir uns doch denken können. Wir kommen da nie wieder hin, wir kommen hier nie wieder hin, hier gehen wir nie wieder hin und so. Oder die sind halt etwas ruhiger, die brauchen etwas länger und so. Oder da vorne war ja einer schon begeistert, das ist doch schon was. Wenn man schon einen Menschen begeistert hat, hat sich das doch schon alles gelohnt. Und so schummeln wir uns dann halt so durch irgendwie.

Das ist ja auch Selbstbetrug, ne?
Jan: Ja klar, auf jeden Fall!

So, nun eine kleine Pause zum Erholen... ;-)
Und dann weiter mit dem MarsMausMarathon - Etappe II


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last update: 19. may 2020
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