das re-zensierte 20-jahre jubiläumskonzert
Am 01.04.2000 hatte ich das Glück in der Berliner Columbiahalle dem Jubiläumskonzert (erster Auftritt am 01.04.1980 im Berliner Moon) der Einstürzenden Neubauten beizuwohnen. Unüberhörbar hatten nicht nur deutsche Fans den Weg in die Columbiahalle gefunden. Im Publikum standen Teenie-Grufts neben Altersgenossen der Neubauten, die bei "Headcleaner" ihre Ohren schützten. Die Gästeliste war ein kleiner Roman. Nach letzten mir vorliegenden Informationen waren wohl 480 Leute eingeladen.

Gegen halb zehn betraten die 5 Musiker unter stürmischen Beifallsbekundungen die Bühne. Als erstes erklang "Ende Neu" vom gleichnamigen vorletzten Album. Nach diesem ersten Stück wandte sich Blixa an das Publikum und erläuterte den weiteren Ablauf des Abends. Zwei Live-Sets würden folgen, jeweils 90 min lang. Auf die letzte U-Bahn solle man gar nicht erst hoffen, die sei bei Konzertende sowieso schon weg, verkündete er. Sodann ging es auch gleich mit "Zebulon", "Haus der Lüge" und "NNNAAAMMM" weiter. Es folgten "Sabrina" und die 'mela, mela, mela melancolia' melancholische "Befindlichkeit des Landes" vom neuen Album und mehrere Songs aus der "Tabula Rasa"-Ära, ua. besagter "Headcleaner". Für den letzten Song vor der Pause wurde die Bühne umgeräumt. Ein zweiter Mikrofonständer wurde herbeigeschafft und das 'kleine Meretlein' betrat die Bühne. Im covergetreuen Outfit, einem mit Seilen verschnürten weißen Kleid, gesellte sie sich neben Blixa, der Sie dem Publikum vorstellte, dass sichtlich aus dem Häuschen war. Um Merets Monitorsound besorgt, verlangte Herr Bargeld, wie öfters an jenem Abend, wie bei jedem Neubauten-Konzert, einen lauteren Betrieb des selbigen: "Ja wird das nun mal endlich!" Für die Gäste des Jubiläumskonzertes sangen beide nun erstmals Ihr Duett "Stella Maris" live in einem Konzert. Es folgte die Konzertpause.

Während noch einige Kerle am Bierstand festwurzelten und Mädchen mit dem Hausdrachen auf der Damentoilette (oder einige von Ihnen wohl eher auf dem Weiberklo, was weiß ich) zu kämpfen hatten, erschallten von der Bühne die ersten ambienten Klänge der Installation "Pelikanol" ("Benannt nach dem Klebstoff aus der Schule, der immer so roch, als ob man ihn essen könnte." O-Ton Blixa). Diese Klangmontage, die als Bonus-CD, dem aktuellen Longplayer beigelegt ist, wurde zunächst als Playback wiedergegeben und nach zehn Minuten stiessen die Musiker dazu und belebten die Szenerie. Blixa Bargeld sah man wohl dazu Beine baumelnd am Bühnenrand mit dem Mikrofon in der Hand sitzen.
Anschließend nahmen Streicher auf der Bühne Platz und präsentierten gemeinsam mit den Neubauten das "Redukt". Weitere Höhepunkte waren der Klassiker "Armenia" und der Gassenhauer "Yü-Gung", der laut Blixa noch aus seiner "kristallinen Phase" stamme. Nun, der Untertitel des Songs, "Fütter mein Ego", und Textzeilen wie "Bin 12 Meter groß und alles ist wichtig" sagen alles übrige über den Inhalt dieses verschneiten Tracks, der die Massen ins Tanzen brachte. Es folgten noch mehrere Songs des vorletzten Albums. Von ruhigen Stücken wie "Der Schacht von Babel" bis hin zu den Knallern "Installation No1" und "Was ist ist" zeigte sich mal wieder, dass die volle Energie dieser Töne erst bei entsprechender Lautstärke erreicht wird.

Für die Fans alter Klänge gab es dann noch "Der Tod ist ein Dandy", das erahnen ließ, wie es in den wilden Achtzigern bei den Neubauten auf der Bühne zuging. Wohin man schaut, Metall auf Metall. Bohren, Schleifen, Hämmern.

Nach dem regulären Zugabeblock hofften nun viele Anwesende lautstark auf das "Z-N-S!". Dieser Wunsch wurde nicht erhört, dafür gab es das Frühwerk "Letztes Biest (am Himmel)", da Alexander Hacke nach Anfrage von Blixa scheinbar nicht in der Lage war, "Sehnsucht" live zu performen..

Gegen 0:45 Uhr verabschiedete sich die Band höflich und Alex (schon wieder mehr oder weniger) Hacke rief: "See you at the bar!"

Die letzte U-Bahn war tatsächlich schon weg und so machte man sich zu Fuß Richtung "Hallesches Tor" zum Nachtbus auf und verpaßte den Freisekt (argh!)


Christian Poeck


Vielen Dank an die Mitglieder der Neubauten-Mailinglist, die teilweise mehr als ich sahen oder hörten. Einige ihrer Infos sind für die Rezension verwendet worden.

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