freestylers

Die aus London stammenden Freestylers sind nach dem überraschenden Erfolg der Singles "B-Boy Stance" und "Ruffneck" die Newcomer des Jahres 1998. Ihr Sound ist ein gelungener Mix aus Elektro, Hip Hop, Ragga, Jungle und Dub, verfeinert mit Sample- und Scratcheinlagen.
Die Masterminds Matt Cantor und Aston Harvey hatten vor ca. zwei Jahren unterschiedliche Projekte bei ihrem Label Freskanova. Dort sind sie sich dann über den Weg gelaufen und haben angefangen, zusammen Musik zu machen.
In Clubs kann man die Freestylers auf verschiedene Arten erleben: Zum einen als DJs, die dann den Freskanova-Sound auflegen, und zum anderen als Liveband, unterstützt von MCs, DJs und Breakdancern; insgesamt präsentieren sich bei so einem Auftritt 11 Leute auf der Bühne!
Im November kamen die Freestylers auf Deutschland-Tour, bei der sie hierzulande ihre Qualitäten als Liveband erneut beweisen konnten. Dazu nun eine Kritik von Christian 'Visual Mind' Poeck zum Konzert am 7.11.98 in der Berliner Arena:

Gegen 23.30 Uhr betraten wir die riesige Halle der Arena, die abgeteilt wurde, da die Venue eigentlich mehr als 6000 Leute faßt. Mit uns froren ca. 500-600 weitere Fans, da das alte Busdepot nicht beheizt wurde. Gegen 1.25 Uhr betraten die Jungs in Nebelschwaden gehüllt die Bühne. MC Tenor Fly, ein stämmiger Schwarzer - u. a. bekannt durch ihre erste Single 'B-Boy Stance' -, teilte dem Publikum mit, daß MC Navigator wegen einer Grippe nicht mit von der Partie ist. Wer nun wie ich glaubte, daß Tenor Fly Stücke wie 'Ruff Neck' oder die aktuelle Single 'Warning' anstelle von Navigator intonieren würde, wurde leider enttäuscht. Musikalisch gaben sich die Jungs alle Mühe und auch das Publikum schien trotz der Kälte die Beats zu genießen. Ich weiß allerdings bis heute nicht, ob die Lobesbekundungen von Tenor Fly an das Publikum als bittere Ironie (man bedenke die Konzertstimmung bei Dance-Acts in England) oder Ernst zu verstehen war. Hervorragend waren ohne Zweifel die zwei Breakdancer, die bei mehreren Stücken für Action auf der Bühne sorgten. Vielleicht auch durch den Ausfall von MC Navigator bedingt, endete das Konzert bereits kurz nach halb drei.
Was in der Erinnerung bleibt ist ein relativ befriedigendes Konzert bei einer insgesamt ziemlich durchwachsenen Veranstaltung. Die Vorschußlorbeeren (verteilt auf der Popkomm) konnte man am 7.11.98 in der Berliner Arena auf jeden Fall wieder einsammeln.

Und das sie als DJs die Massen in Bewegung versetzen, haben Matt und Aston schon im März '98 bei ihrem Set im "Icon" in Berlin gezeigt. Dort konnten wir die beiden auch für Electrigger #2 interviewen:


Wann habt Ihr die Freestylers gegründet?
Matt: Freestylers begannen, als ich Aston traf, der damals obdachlos in Charing Cross lebte. Ich habe ihn nackt auf der Straße gefunden, nach Geld bettelnd. Also nahm ich ihn mit ins Studio und er war wirklich funky. So haben wir angefangen, zusammen Musik zu machen. Stimmt’s?

Aston: Ja, ja!

Ist Euer Name Konzept?
Matt: Ja, auf jeden Fall. "Free", das ist unser Konzept und der Name unserer Gruppe.

Was sind Eure wichtigsten Einflüsse?
Matt: Viele. Als ich aufwuchs, hörte ich Elektro, Old School, Hip Hop, viele Sachen aus den frühen und mittleren Achtzigern. Später wurden wir von der Rave-Szene beeinflußt, der Jungle-Szene, irgendwie von allem. Wir machen da weiter, wo Old-School-Hip Hop aufhört, wir machen ihn schneller, funkier, mehr für die heutige Dance-Szene.

Aston: Unsere Musik basiert sehr auf Hip Hop, aber sie ist keiner. Es ist mehr ein Gemisch aus allem, was wir mögen.

Matt: Aber sie ist für den Dancefloor, nicht um sie zu Hause zu hören.

Ihr tretet ja sowohl als Band auf und Ihr legt auch in Clubs auf...
Aston: Ja wir haben einmal die Band, an der 12 bis 13 Leute beteiligt sind.

Matt: Wir versuchen, die Sounds, die wir im Studio machen, auch live rüberzubringen. Wir benutzen Sampler und Sequencer, aber wir haben auch ‘richtige’ Musiker. Wir haben einen Drummer, einen Bassisten, einen Gitarristen, drei Breakdancer; wir haben Tenor Fly, MC Navigator, DJ Jay Rock. Das ist unser Live-Ding.
Wenn wir auflegen, sind wir nur zu zweit und spielen den Freskanova-Sound. Die meiste Zeit sind wir sowieso im Studio, um zu produzieren und zu remixen.

Heute legt Ihr ja auf...
Matt: Ja, heute nacht könnt Ihr den Freestylers-DJ-Sound hören.

Seid Ihr über Euren Erfolg in Großbritannien überrascht?
Matt: Ja, sind wir. Wir haben eigentlich aus Scherz angefangen, Platten zu machen. Ich hatte nie erwartet, viele davon zu verkaufen. Vor ca. einem Jahr fingen die Leute plötzlich an, darauf zu stehen. Es passierte einfach, war nie geplant.

Aston: Das war wahrscheinlich die natürliche Entwicklung.

Matt: Was wir tun, ist gut, weil wir nichts befolgen müssen. Wir versuchen nicht, wie jemand anderes zu klingen. Also steht es uns frei, zu tun, was wir wollen.

Wieso habt Ihr ein Sample von Oasis verwendet?
Aston: Warum?
Matt: Wir haben es nicht gesampelt...
Aston: Es ist nicht gesampelt: Wenn Reggae-Künstler singen, nehmen sie manchmal die Melodie einer bekannten Platte irgendeiner Musikrichtung. Sie ändern die Lyrics aber behalten die Melodie und das haben wir jetzt auch bei unserem Titel gemacht, denn Du kennst ja die Story: Oasis wollten nicht, daß wir das Sample von ihnen verwenden. Aber die Platte hat sich auch mit der neuen Version gut verkauft.

Hattet Ihr irgendwelche finanziellen Probleme durch das Sample oder die Melodie von Oasis?
Matt: Nein, wir haben das Sample ausgetauscht: Tenor Fly hat es ersetzt; damit war die ganze Sache gegessen...

Wie denkt Ihr über Sampling?
Aston: Wir lieben es! So funktioniert unsere Musik, sie ist sehr Sample-basiert. Die Leute mögen das.

Matt: Darum ging es auch bei Hip Hop. Alles war erlaubt, alles wurde gesampelt. Das geht Hip Hop heute etwas ab. Puff Daddy macht einen Eighties-Track, aber der Funk fehlt. Hip Hop wurde aus Sampling geboren, genau wie die meiste Dance-Musik.

Hattet Ihr nicht auch Glück? Es gibt da ja die neue Schublade namens Big Beat...
Matt: Nein, ich würde nicht sagen, daß wir Big Beat machen.

Aston: Es ist nicht wirklich Big Beat. Viele Leute sehen uns nicht als Big-Beat-Projekt an. Wie schon gesagt, unsere Musik ist von vielen Sachen beeinflußt. Unter Big Beat stellen sich viele Leute nur einen abgenutzten Breakbeat und trashige Gitarren vor...

Matt: Ich würde sagen, das ist genauso Big Beat, wie es Hip Hop ist. Einfach nur Breaks und Gitarren, das ist nicht unser Ding. Ich nenne unsere Musik "Funky Speed Folkbeat".

Aston: Militanter Folk...
Matt: Deutscher Schuhplattler...

Wie sehen Eure Pläne für die Zukunft aus?
Aston: Im Mai startet die Tour mit der Band in England.
Matt: Wir werden auch auf Festivals spielen.
Aston: Im Sommer sind wir auf der Popkomm.

Matt: Im September kommt unser Album raus. Es gibt Tracks mit MC Navigator, Tenor Fly, The Soul Sonic Force, welche wir in N.Y. aufgenommen haben. Wir hoffen, auch noch Chuck D. von Public Enemy zu bekommen.

Aston: Im Mai haben wir 3 DJ-Sets in Deutschland.

Wird auf Eurer nächsten Maxi auch wieder ein MC dabei sein?
Matt: Unsere nächste Single wird "Ruff Neck" heißen und MC Navigator wird dabei sein. Es ist eine Art Hyper-Ska, allerdings mit mehr Ragga. MC Navigator kommt mehr aus der Jungle-Rave-Ecke. Ihr werdet es hören, es wird immer noch sehr rauh sein...

Vielen Dank...


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last update: 19. may 2020
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