audio active
Auch bei Audio Active bestätigt sich wieder einmal der hierzulande weit verbreitete Eindruck des immer fleißigen Japaners: Veröffentlichungen in schneller Folge auf Adrian Sherwoods On-U-Sound Label machten sie zu einer festen Größe in der Dub-Szene - und ganz nebenbei gestalteten sie noch zwei Radioshows und brachten auch als DJs die Massen zum rotieren.
Also war es für uns nur logisch, in Electrigger #3 einen Platz für die Audioaktiven zu reservieren, der aber wegen der abgesagten Tour im Herbst 1998 anderweitig besetzt werden mußte...      [::: switch to Electrigger #4 :::]
Gut Ding will lang Weile haben: Am 23.04.1999 haben Audio Active im Potsdamer Waschhaus ihr Konzert nachgeholt und der Sänger Masa The Al-tamyran stand uns zusammen mit den Bandmitgliedern Nanao und 2DD für ein Interview zur Verfügung:

Audio Active liveAudio Active liveAudio Active live
Konitchiwa!
Masa, Nanao, 2DD: Konitchiwa!

Aus welcher Stadt in Japan kommt Ihr?
Masa: Aus Tokio.

Und wann habt Ihr begonnen, als Audio Active Musik zu machen?
Masa: Vor sieben oder acht Jahren.

War das Euer erstes gemeinsames Projekt?
Masa: Nein, davor hatten wir eine Band einfach nur, um Stücke, die wir mögen, nachzuspielen. Aber seit wir zusammenarbeiten, haben wir begonnen, auch eigene Stücke zu komponieren und haben dann Audio Active gegründet.

Welche Art von Musik habt Ihr denn gehört, bevor Ihr Audio Active begonnen habt?
Masa: Ja also, jeder von uns hat einen unterschiedlichen Musikgeschmack. Aber im Allgemeinen hören wir alle ein breites Spektrum von Jazz bis Punk. Ich persönlich mag die sogenannte Black Music...
In unserer ersten Band spielten wir Ska - einen sehr authentischen Ska, kein Punk, Ska-Punk oderr Skacore-Punk, eben sehr authentischen Ska.
Wir mochten viele instrumentelle Sachen - mit vielen Hörnern und Ähnlichem. Und auch Funk, wie James Brown oder P-Funk...

Euer erstes Album wurde - wie die anderen auch - von Adrian Sherwood produziert...
Masa: Ja.

Wie habt Ihr dafür mit ihm in Kontakt aufgenommen?
Masa: Das ist vielleicht sechs oder sieben Jahre her - ich denke 1992 oder '93 - als er für seine Liveshow mit den On-U-Allstars nach Tokio kam. Das Unternehmen von 2DD organisierte dieses Konzert...

Beat Incorporated?
Masa: Ja, Beat Inc. organisierte das. Und dort gaben wir ihm unser Demo-Tape und er mochte es. Also haben wir begonnen, unser erstes Album aufzunehmen.

Was waren die größten Einflüsse am Anfang Eurer Kariere? Und welche davon sind für Euch auch noch heute von Bedeutung, denn Euer erstes Album hörte sich mehr nach Roots-Reggae...
Masa: Ja!
Und jetzt ist das eher...
Masa: Programmiert mit Rock-Einflüssen oder so ähnlich, ja...

Und der Gesang ist aggressiver.
Masa: Wir haben einfach das gemacht, was wir wollten.
Für das erste Album - insbesondere für die erste Aufnahme-Session mit Adrian - haben wir mehr Reggae-Titel für ihn vorbereitet. Dann haben wir mehr und mehr unsere eigenen Vorlieben eingebracht, so daß sich unsere Titel mit der Zeit änderten. Wir machen einfach was wir wollen...

Kannst Du uns erzählen, wie Eure Titel entstehen? Bedeutet das eher eine Jam-Session oder ist das mehr programmiert?
Masa: Die meisten Titel sind programmiert - das heißt, das Grundgerüst ist programmiert und darüber werden dann Liveinstrumente, Liveeffekte oder Ähnliches gespielt.
Aber von vornherein war der Titel programmiert.

Würdest Du zustimmen, wenn ich sage, daß das Mischpult Euer wichtigstes Instrument ist?
Hmmmm..... Ja, das Mischpult ist zwar nur eins von den Sachen, die wir mögen, aber es ist trotzdem eins der effektivsten Instrumente, denke ich.

Ein paar Eurer Songtexte stammen von anderen Musikern - wie z.B. "Happy Shopper" in Zusammenarbeit mit Marc Stewart.
Masa: Ja...
Sind Eure Texte weniger wichtig als die Musik?
Masa: Hmmmmh, ja manchmal. Ich schreibe zwar auch Texte, denke aber, daß die Musik wichtiger als die Lyrik oder deren Aussage ist. Natürlich gebe ich meiner Lyrik eine Aussage, aber für mich ist die Musik immer noch wichtiger.

Gibt es Unterschiede zwischen japanischer und westlicher elektronischer Musik?
Masa: Ja, ich denke schon. Der Sound selbst ist nicht so sehr unterschiedlich, dafür aber die Einstellung Musik zu machen. Japanische Musiker tendieren eher dazu, die westlichen Stile nachzumachen, nur wenige wachen etwas ganz eigenes. Dadurch daß die Mehrzahl der Musiker in Japan die Richtungen kopieren, die gerade im Westen modern sind, haben die westlichen Künstler sehr viel mehr Originalität. Das ist der Unterschied für mich.

Und gibt es Unterschiede zwischen dem Publikum in Japan und dem Publikum in anderen Teilen der Welt? Wer hört Euren Dub oder Industrial, eben diese Elektronikmusik in Japan? Dieselben Leute wie hier, sind sie jünger, älter?
Masa: Oh, viele, viele verschiedene Leute kommen zu unseren Auftritten: vom Fan von Techno- oder Rock-Musik, viele DJs. Es kommen viele zu unseren Shows, von jung bis alt...
Das kommt von unseren Auftritten bei vielen verschiedenen Veranstaltungen, wie Techno-Parties oder Rock-Konzerten. Dadurch haben wir eine große Fangemeinde...

Kannst Du uns etwas über Euer neues Album erzählen?
Masa: Ja, es wurde vom letzten Sommer bis zum letzten Winter aufgenommen. Insgesamt haben die Aufnahmen über drei Monate gedauert. Einen Großteil von dem Album haben wir selbst fertiggestellt - von der Aufnahme bis hin zum Abmischen. Fünf Titel auf dem Album sind zusammen mit Adrian Sherwood entstanden, aber diesmal auf eine andere Art als bei den Vorgängeralben: Früher hat er unsere Sachen einfach nur gemixt und nicht am Song selbst gearbeitet, doch hier hat er von Null an an verschiedenen Titeln mitgewirkt. Er schrieb einen Song, schrieb die Songtexte für einen Titel und komponierte auch für vier oder fünf Stücke.

Wie heißt die CD?
Masa: "Return Of The Red I!"
Das ist das Cover vom neuen Album! Das ist ein Sticker davon...

[Masa gibt uns einen Sticker mit dem Cover-Artwork]

Was heißt "Red I"?
Masa: "Red I" heißt "Rotes Auge"! ;-)

Ich kenne Euer neues Album noch nicht, kannst Du es mir beschreiben? Sind da ein paar neue Einflüsse zu hören - wenn ich Eure anderen Alben höre, kann ich so etwas wie eine Entwicklung ausmachen. Was ist das Neue am neuen Album?
Masa: Wir haben versucht, mehr dubbige Sachen als auf den anderen Alben aufzunehmen, insbesondere im Vergleich zu unserem letzten Album. Das letzte Album bestand eher aus programmierten Sachen, das neue hat mehr dubbige Effekte und wir haben versucht, es größtenteils selbst aufzunehmen.
Andererseits hatten wir auch viele Gäste für die Vocals. Und dann hatten wir einen jamaikanischen Reggae-DJ namens I-Roy - und natürlich Adrian und Skip McDonald mit Harmonika und Violine...

Hört sich sehr interessant an...
Masa: Ja!

Neben Eurer Band Audio Active habt Ihr noch eine Menge anderer Aktivitäten - welche Projekte habt Ihr noch?
Masa: Oh, Nanao hat noch ein Projekt namens "Drain Heavy" eine Roots-Dub-Band, die ist ziemlich genial!
Ihre erste Single - eine Coverversion des Titels "Kick The Bong Around" von unserem neuen Album - wird bald in England erscheinen.
Das ist zwar nicht unser eigenes Projekt, aber wir haben noch zwei Newcomer auf unserem Independent-Label in Tokio und wenn wir Zeit haben, helfen wir denen.

Und dann seid Ihr doch noch DJs als Metallic TO?
Masa: Waren wir mal - aber wir haben mit diesem Projekt aufgehört.

Und ich habe von zwei Radio-Shows gehört...
Masa: Ja... Sorry, damit haben wir auch letztes Jahr aufgehört.

Wohl eine Zeitfrage?!
Masa: Ja!

Und was habt Ihr im Radio gespielt?
Masa: Viele, viele Titel.
Elektronik, Dub, all so was...
Masa: Ja, natürlich... Viele Sachen, von Free-Jazz und Punk bis Techno und Funk - vieles...
Wir haben die Sachen gespielt, die wir selbst gern im Radio hören würden. Dazwischen lustige Gespräche...

Eure Arbeit scheint mir sehr unabhängig vom sogenannten Big Business zu sein. Warum habt Ihr dann zu einem Major-Label gewechselt?
Masa: Ja, das neue Album wurde von einem Major in Japan veröffentlicht und auch hier durch Warner Japan herausgebracht. Besonders unser Label ist ein ganz neues Label in der Warner Japan-Gruppe und wir sind die ersten Künstler auf diesem Label.

Und dieses Label hat die Verbindung zu Warner?
Masa: Ja, es läuft unter Warner Japan.

Entsprechen Titel wie "Weed Specialist" oder "Free The Mariuana" oder der Albumtitel "Apollo Choco" der Moral von Japan und Eurer Plattenfirma Warner?
Masa: Ja, ähhhhm... Das ist eine unserer - vielleicht Botschaften ;-) - unsere Farbe, ja, Mariuhana ist eine unserer bedeutendsten Farben, unser Image. Also können wir diese Sache nicht vermeiden. Und das Label akzeptierte das ebenfalls...

Ist es legal in Japan, Mariuhana zu rauchen?
Masa: Nein!
Ist es absolut verboten?
Masa: Vollkommen verboten! Ernsthaft...

Interview Audio ActiveAudio Active liveInterview Masa

In Deutschland ist es nicht richtig verboten. Es ist nicht legal, es ist nicht verboten - es ist...
Masa: Aber jederman raucht!
Es ist toleriert... Aber es ist nicht legal - es ist nur für deine eigene...
Masa: Mentalität! ;-)

Was habt Ihr für Pläne für die Zukunft?
Masa: Das Album wird hier im Juni erscheinen und danach werden wir auf einigen Festivals in Europa auftreten. Danach - im Herbst oder Winter - möchten wir wieder eine Europatour machen.

Also mögt Ihr auch, live zu spielen.
Masa: Ja, wenn’s unkompliziert ist, dann schon. Wenn’s nicht gut ist, dann eher nicht..

Was liegt Euch mehr: Songs zu schreiben und im Studio aufzunehmen oder live aufzutreten?
Masa: Da kann ich mich nicht entscheiden, denn beides hat seine guten Seiten. Wenn wir immer im Studio sind, möchten wir auch mal raus. Und wenn wir andauernd rumtouren, möchten wir irgendwann wieder zurück ins Studio und neue Sachen aufnehmen:

Welches war das beste Festival oder Konzert auf dem Ihr aufgetreten seid?
Masa: Ähm - die Bedingungen auf der Bühne waren zwar schrecklich, aber unsere beste Live-Show war auf einem Festival in Rennes [Frankreich] vor drei oder vier Jahren. Es war das 15jährige Jubiläum von On-U-Sound, wo dort am On-U-Day alle On-U-Sound-Künstler auftraten und wir ebenso. Der Auftritt war sehr genial, obwohl es auf der Bühne schrecklich war: Wir konnten nicht ausreichend Soundcheck machen und der Monitorsound war sehr schlecht, aber das Ergebnis war sehr gut.

Was denkst Du über das deutsche Publikum?
Masa: Ich denke, das deutsche Publikum ist sehr gut!

Hat das deutsche Publikum ein gutes Gefühl für diese Musik? Ich denke eher, daß das englische Publikum offener für solche neuen Sounds ist...
Masa: Um die englischen und die deutschen Zuhörer zu vergleichen: Ich denke nicht, daß da so große Unterschiede sind.

Und zu Japan?
Masa: Da sind Unterschiede zwischen japanischem und westlichen Publikum.
Aber ich mag das deutsche Publikum, ernsthaft, denn sie sind offen für Neues, denke ich. Vielleicht sogar mehr als das in England, denn sie sind - insbesondere in London - schon so sehr an Unterhaltung gewöhnt, daß sie mit Musik nicht mehr leicht zu überraschen sind. Sie gehen dauernd zu Konzerten, kaufen viele CDs...

Tanzen die Leute in Japan, wenn Ihr live spielt?
Masa: Ja, neuerdings schon, aber am Anfang nicht. Bei unserer ersten Show in Deutschland vor sechs Jahren kannten uns die Leute hier noch nicht, haben aber trotzdem getanzt, als wir anfingen zu spielen. Das hat mich sehr überrascht, also dachte ich, daß das deutsche Publikum wirklich gut ist...

Das ist, weil Ihr so gute tanzbare Musik macht...
Masa: Dank Dir.

Ja, ich danke Euch auch.


audio active links
www.spotify.com    Audio Active @ Spotify
www.skysaw.org/onu/discography/audioactivediscog.html   Audio Active discography


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last update: 19. may 2020
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